Unser Experte für Parkinson – Basics
Prof. Dr. med. Alfons Schnitzler
Institution und Position: Ärztlicher Leiter des Zentrums für Bewegungsstörungen und Neuromodulation des Universitätsklinikums Düsseldorf, Direktor des Instituts für Klinische Neurowissenschaften und Medizinische Psychologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Lehrstuhlinhaber (W3) für das Fach Klinische Neurowissenschaften an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.
Stand: 14.03.2018
Die Mitschrift des Interviews mit Prof. Dr. med. Alfons Schnitzler zum Thema “Parkinson – Basics”
Welche Symptome treten beim Parkinson auf?
Die Parkinsonkrankheit äußert sich in Störungen des Bewegungsablaufes. Das heißt, die Patienten haben einen verlangsamten Bewegungsablauf, es fällt ihnen schwerer, feinmotorische Bewegungen durchzuführen. Das merken sie zum Beispiel beim Essen, beim Anziehen, beim Knöpfen. Die Muskulatur wird steifer, was sich auch zum Teil in Form von Schmerzen bemerkbar machen kann. Und bei vielen Patienten tritt auch ein Zittern auf, ein unwillkürliches Zittern, was sich nicht so ohne weiteres unterdrücken lässt.
Kann Parkinson auch ohne Zittern vorliegen?
Häufig haben wir bei der Parkinsonkrankheit ein Zittern und so wird es ja auch von den meisten Personen in der Bevölkerung gesehen. Aber es kann durchaus vorkommen, dass gar kein Zittern auftritt und trotzdem handelt es sich um die Parkinsonkrankheit. Das ist dann vom Spezialisten entsprechend zu diagnostizieren.
Bei wem tritt die Parkinsonkrankheit auf?
Die Parkinsonkrankheit ist eine typische Erkrankung des Alters. Das heißt: je älter wir werden, umso wahrscheinlicher ist es, dass wir an der Parkinsonkrankheit erkranken. Insgesamt, über alle Altersklassen hinweg, haben wir eine Erkrankungswahrscheinlichkeit, eine Häufigkeit von etwa 0,3 Prozent. Bei den über 60-Jährigen steigt die Wahrscheinlichkeit auf über 1 Prozent an, bei den über 80-Jährigen auf über 3 Prozent und je älter wir werden, umso häufiger wird die Parkinsonkrankheit. Es gibt allerdings auch wenige Fälle, die schon bei Personen unter 40 Jahren auftreten. In etwa 5 bis 10 Prozent der Krankheitsfälle ist eben das Erkrankungsalter in diesem Bereich anzusiedeln.
Wie wird die Diagnose Parkinson gestellt?
Die Diagnose der Parkinsonkrankheit ist ein klinische. Das heißt, durch den spezialisierten Facharzt, durch den Arzt für Neurologie, der die Symptome erfragt beim Patienten und der die neurologische Untersuchung durchführt. Dadurch entsteht die klare Verdachtsdiagnose Parkinson. Man kann zusätzlich diagnostische Maßnahmen durchführen: eine Kernspintomographie zum Beispiel des Kopfes, um andere Erkrankungen auszuschließen. Man sieht die Parkinsonkrankheit nicht direkt in der Kernspintomographie. Und darüber hinaus kann man Stoffwechselveränderungen, die bei der Parkinsonkrankheit auftreten, die die Ursache der Parkinsonsymptome sind – nämlich ein Dopaminmangel im Gehirn – durch spezielle nuklearmedizinische Untersuchungen direkt nachweisen.
Wie wird Parkinson behandelt?
Die Behandlung der Parkinsonkrankheit steht im Wesentlichen auf drei Füssen: Zum einen haben wir eine medikamentöse Behandlung, zum anderen eine operative Behandlung und zum dritten eine Behandlung mit Bewegungstherapie, Krankengymnastik und Physiotherapie. Die medikamentöse Behandlung zielt auf den Ersatz des fehlenden Stoffes Dopamin im Gehirn mit verschiedenen Medikamenten. Das können entweder Tabletten sein. Man kann es aber auch in Form einer Pumpentherapie in bestimmten Stadien der Erkrankung durchführen. Die operative Therapie in Form der so genannten Hirnschrittmachertherapie oder Tiefe Hirnstimulation zielt darauf, die Netzwerke im Gehirn, die bei der Parkinsonkrankheit gestört sind, die motorischen Netzwerke, durch gezielte Eingriffe wieder zu verbessern. Hier ist es wichtig, dass das in spezialisierten Zentren stattfindet, weil es zu einer interdisziplinären Zusammenarbeit von verschiedenen Spezialisten, Neurologen, Neurochirurgen, Neurophysiologen, Neuropsychologen usw. kommen muss und es gibt nur wenige Zentren, die das leisten können. Wir in Düsseldorf haben eines der größten Zentren in Europa, wo die Tiefe Hirnstimulation durchgeführt wird. Genauso wichtig wie die geschilderten medikamentösen Therapien und die operative Therapie ist die konsequente Durchführung von Bewegungstherapien, Physiotherapie, Krankengymnastik und zwar ein Leben lang.
Welche Medikamente können die Krankheit stoppen?
Die Parkinsonkrankheit ist ja eine Erkrankung die langsam fortschreitet. Und insofern hat sich die Forschung in den letzten Jahren – und wird sich in den kommenden Jahren – sehr darauf konzentrieren Medikamente zu entwickeln, die zu einem Stoppen der Erkrankung führen. Leider steht eine solche Therapie bisher noch nicht zur Verfügung. Allerdings gibt es seit wenigen Jahren Medikamente, die die Erkrankung, den Verlauf der Erkrankung im langfristigen Zeitverlauf günstig beeinflussen.
Kann man mit Parkinson noch Autofahren?
Die Frage, ob man als Parkinsonpatient noch Auto fahren kann, hängt ganz vom Stadium der Erkrankung ab – das heißt wie stark die Symptome ausgeprägt sind. Die sind am Anfang sehr leicht und nach vielen Jahren der Erkrankung nehmen die naturgemäß zu. In den ersten Jahren gibt es in der Regel keine Probleme mit dem Auto fahren. Wenn die Symptome zunehmen, muss durch Untersuchungen beim Neurologen festgestellt werden, ob die Fahrtüchtigkeit weiter erhalten ist oder ob das nicht mehr möglich ist. Aber zusammenfassend kann man sagen, dass Parkinsonpatienten eigentlich sehr, sehr lange noch Auto fahren können.
Ist die Parkinsonkrankheit erblich?
Der ganz große Teil der Parkinsonerkrankungen ist nicht erblich, sie ist wie wir sagen sporadischer Natur. Das heißt jeder von uns hat eine gewisse Wahrscheinlichkeit, mit zunehmendem Alter an der Parkinsonkrankheit zu erkranken. Aber es gibt einen geringeren Anteil von etwa 5 bis 10 Prozent der Patienten, die an einer erblichen Form der Parkinsonkrankheit leiden. Hier hat sich in den letzten Jahren in der Forschung sehr viel getan: Man hat die Veränderungen in den Genen festgestellt. Aber wie gesagt, das betrifft die absolute Minderzahl der Patienten.
Verursacht Parkinson auch Schmerzen?
Die Parkinsonkrankheit kann häufig mit Schmerzen verbunden sein. Nicht selten sind Schmerzen sogar Frühzeichen der Erkrankung. Zum Beispiel einseitige Schulter-Arm-Schmerzen führen den Patienten oft zum Hausarzt und zum Orthopäden und es dauert dann oft ein bis zwei Jahre, ehe er zum Neurologen kommt, wo dann die Parkinsonkrankheit diagnostiziert wird. Aber auch im weiteren Verlauf sind Schmerzen häufig verbunden, zum Beispiel Rückenschmerzen, die dann auch einer speziellen Behandlung bedürfen.
Gibt es eine Blutuntersuchung auf Parkinson?
Anders, als bei vielen anderen Erkrankungen, gibt es für die Parkinsonkrankheit keinen Blutwert oder Blutparameter, der spezifisch verändert wäre. Also, klare Antwort: nein.
Kann man Parkinson operieren?
Die Parkinsonkrankheit kann durch einen operativen Eingriff therapiert werden und zwar mit der Hilfe der so genannten Tiefen Hirnstimulation oder Hirnschrittmachertherapie. Diese Behandlung muss in spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Eines dieser Zentren ist unser Zentrum für Bewegungsstörungen und Neuromodulation. Hier bedarf es der interdisziplinären Zusammenarbeit verschiedener Experten, insbesondere der funktionellen Neurochirurgen und der spezialisierten Neurologen, Neurophysiologen, Neuropsychologen, damit es zu einer guten Behandlung mit der Hirnschrittmachertherapie kommt. Die Hirnschrittmachertherapie wurde in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelt und ist eigentlich als therapeutische Revolution anzusehen. Sie gewährt den Patienten auch in fortgeschrittenen Stadien noch einmal einen erheblichen Gewinn an Lebensqualität. Das konnte auch durch verschiedene klinische Studien in den letzten Jahren, unter anderem hier in Deutschland gezeigt werden.
Gibt es frühe Anzeichen für Parkinson?
Bevor die eigentlichen Parkinsonsymptome, nämlich die Bewegungsverlangsamung, die Muskelsteifigkeit und das Zittern auftreten, können andere, so genannte Warnzeichen auftreten. Dazu gehören unter anderem Geruchsminderungen. Das heißt die Patienten riechen nicht mehr so gut wie vorher Parfum oder Kaffee. Dazu können depressive Symptome gehören, die sich über Monate, zum Teil auch Jahre zuvor schon entwickelt haben. Dazu gehören spezielle Schlafstörungen, die sich dadurch äußern, dass der Patient motorisch sehr unruhig ist – nachts während er träumt, ohne das er das merkt. Aber der Partner kann es zum Teil sehr schmerzlich merken. Und dazu gehören auch zum Teil Verstopfungssymptome, die über viele Jahre gehen.
Infos zur Person
Ich bin Leiter des Zentrums für Bewegungsstörungen und Neuromodulation am Universitätsklinikum Düsseldorf. Als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie beschäftige ich mich seit vielen Jahren mit der Diagnostik und der Behandlung von Parkinson-Syndromen und anderen, neurologischen Bewegungsstörungen. Auch wissenschaftlich liegt mein Schwerpunkt auf der Erforschung der Parkinson-Krankheit und der Entwicklung neuer Therapien.
Infos zur Klinik
Unser Zentrum für Bewegungsstörungen und Neuromodulation am Universitätsklinikum Düsseldorf hat sich ganz auf die Therapie-diagnostik und Therapie der Parkinson-Erkrankung und anderer neurologischer Bewegungsstörungen spezialisiert. Hier arbeitet ein interdisziplinäres Team aus verschiedenen Spezialisten eng zusammen, um die Diagnose und Behandlung nach den modernsten Standards durchzuführen. Wir gehören zum Beispiel zu den größten Zentren Europas, was die operative Behandlung der Parkinson-Krankheit anbetrifft.
Lebenslauf:
Since 2008 | Professor and Chairman, Institute of Clinical Neuroscience and Medical Psychology, Heinrich Heine University, Düsseldorf and Director, Centre for Movement Disorders and Neuromodulation, Department of Neurology, Heinrich Heine University, Düsseldorf |
2007 | Professor and Chair of Neuroscience and Neurology, Wales Institute of Cognitive Neuroscience, Bangor, United Kingdom |
2006 | Full Professor of Neurology at Heinrich Heine University, Düsseldorf |
2003 – 2005 | Associate Professor, Heinrich Heine University, Düsseldorf |
1998 – 2005 | Head of a MEG Research Group funded by Volkswagen Foundation |
1998 – 2003 | Consultant neurologist and lecturer in Neurology, Heinrich Heine University, Düsseldorf |
1998 | Habilitation in Neurology and Neurophysiology at Heinrich Heine University, Düsseldorf |
1996 | Board certification in Clinical Neurophysiology |
1995 – 1998 | Registrar and Senior Scientist, Department of Neurology, Heinrich Heine University, Düsseldorf |
1995 | Board certification in Neurology |
1994/1995 | Visiting Scientist at MEG lab of Brain Research Centre, Helsinki, Finland |
1993 | Board certification in Psychiatry |
1991 – 1995 | Resident and Research Scientist, Department of Neurology, Heinrich Heine University, Düsseldorf |
1992 | Doctoral Thesis (“summa cum laude”) |
1988 – 1991 | Resident, Department of Psychiatry, Heinrich Heine University, Düsseldorf |
1986 – 1987 | Research Scientist, Department of Neuropharmacology, Troponwerke, Köln |
1979 – 1986 | Medical Studies at Universities of Aachen, Kiel, and Cambridge/UK |
Mitgliedschaften:
Publikationen:
- 2018 – Occurrence of thalamic high frequency oscillations in patients with different tremor syndromes S Schnitzler, CJ Hartmann, SJ Groiss, L Wojtecki, A Schnitzler, J Vesper, … Clinical Neurophysiology 129 (5), 959-966
- 2018 – Dissociable roles of glucocorticoid and noradrenergic activation on social discounting Z Margittai, M Van Wingerden, A Schnitzler, M Joëls, T Kalenscher Psychoneuroendocrinology 90, 22-28
- 2018 – U-shaped Relation between Prestimulus Alpha-band and Poststimulus Gamma-band Power in Temporal Tactile Perception in the Human Somatosensory Cortex MA Wittenberg, TJ Baumgarten, A Schnitzler, J Lange Journal of cognitive neuroscience 30 (4), 552-564
- 2018 – Behavioural outcomes of subthalamic stimulation and medical therapy versus medical therapy alone for Parkinson’s disease with early motor complications (EARLY… E Lhommée, L Wojtecki, V Czernecki, K Witt, F Maier, L Tonder, … The Lancet Neurology 17 (3), 223-231
- 2018 – Unilateral deep brain stimulation suppresses alpha and beta oscillations in sensorimotor cortices O Abbasi, J Hirschmann, L Storzer, TE Özkurt, S Elben, J Vesper, … NeuroImage
- 2018 – Comparison of Awake vs. Asleep Surgery for Subthalamic Deep Brain Stimulation in Parkinson’s Disease F Blasberg, L Wojtecki, S Elben, PJ Slotty, J Vesper, A Schnitzler, … Neuromodulation: Technology at the Neural Interface
- 2018 – Pathophysiologie des Tremors M Muthuraman, A Schnitzler, S Groppa Der Nervenarzt, 1-7
- 2018 – Rapid temporal recalibration to visuo–tactile stimuli J Lange, K Kapala, H Krause, TJ Baumgarten, A Schnitzler Experimental brain research 236 (2), 347-354
- 2018 – Pulse duration settings in subthalamic stimulation for Parkinson’s disease F Steigerwald, L Timmermann, A Kühn, A Schnitzler, MM Reich, … Movement Disorders 33 (1), 165-169
- 2018 – Human subthalamic oscillatory dynamics following somatosensory stimulation S Elben, C Trenado, J Vesper, A Schnitzler, L Wojtecki Clinical Neurophysiology 129 (1), 79-88
- 2018 – Alteration of cortical excitability and its modulation by Miglustat in Niemann-Pick disease type C SS Hassan, C Trenado, S Elben, A Schnitzler, SJ Groiss Journal of Clinical Neuroscience 47, 214-217
- 2018 – Combined Effects of Glucocorticoid and Noradrenergic Activity on Loss Aversion Z Margittai, G Nave, M Van Wingerden, A Schnitzler, L Schwabe, … Neuropsychopharmacology 43 (2), 334
- 2017 – Semantic discrimination impacts tDCS modulation of verb processing V Niccolai, A Klepp, P Indefrey, A Schnitzler, K Biermann-Ruben Scientific reports 7 (1), 17162
- 2017 – Improving deep brain stimulation: timing makes all the difference J Hirschmann, A Schnitzler Annals of translational medicine 5 (24)
- 2017 – How to improve patient education on deep brain stimulation in Parkinson’s disease: the CARE Monitor study L Dinkelbach, B Möller, K Witt, A Schnitzler, M Südmeyer BMC neurology 17 (1), 36
- 2017 – Intraoperative Localization of the Subthalamic Nucleus Using Long‐Latency Somatosensory Evoked Potentials C Trenado, S Elben, L Friggemann, SJ Groiss, J Vesper, A Schnitzler, … Neuromodulation: Technology at the Neural Interface
- 2017 – P 72 Influence of anesthesia on the outcome in patients with Parkinson’s disease undergoing deep brain stimulation of the subthalamic nucleus F Blasberg, L Wojtecki, J Vesper, A Schnitzler, SJ Groiss Clinical Neurophysiology 128 (10), e363
- 2017 – Parkinsonian rest tremor can be detected accurately based on neuronal oscillations recorded from the subthalamic nucleus J Hirschmann, JM Schoffelen, A Schnitzler, MAJ van Gerven Clinical Neurophysiology 128 (10), 2029-2036
- 2017 – Bicycling suppresses abnormal beta synchrony in the Parkinsonian basal ganglia L Storzer, M Butz, J Hirschmann, O Abbasi, M Gratkowski, D Saupe, … Annals of neurology
- 2017 – The deep brain stimulation impairment scale (DBS-IS)-response to Jahanshahi. F Maier, CJ Lewis, C Eggers, AA Kühn, H Krug, J Volkmann, AD Kirsch, … Parkinsonism and related disorders 41, 133