Unser Experte für Herzkatheteruntersuchung

Prof. Dr. med. Hartmut Gülker

Spezialisierungen: Herzkatheter-Untersuchungen,Kardiologie und Angiologie

Institution und Position: Tätigkeit in selbstständiger Praxis für Kardiologie und Angiologie in Wuppertal. Professor (C4) Emeritusan der Universität Witten-Herdecke. Ehem. Direktor der Kardiologischen Klinik am Herzzentrum Wuppertal. Beratung von Krankenhäusern im Inland und Ausland zum Thema kardiovaskuläre Medizin.

Stand: 14.03.2018

Die Mitschrift des Interviews mit Prof. Dr. med. Hartmut Gülker zum Thema “Herzkatheteruntersuchung”

Welche Arten der Herzkatheter - Untersuchung gibt es?

Es gibt die Rechtsherz-Katheter-Diagnostik, die Linksherz-Katheter-Diagnostik und die kombinierte Rechts – / Linksherz – Katheter-Diagnostik. Bei der Rechtsherz-Katheter-Diagnostik werden Herzkatheter über zentrale Venen in die rechte Herzvorkammer, die rechte Hauptkammer und weiter bis in das periphere Lungengefäßstrom-Gebiet vorgebracht. Dabei können in allen Abschnitten Hämodynamik-Parameter und biochemische Parameter gemessen und bestimmt und zusammen mit anderen Daten zu einer Diagnose – Erstellung für diesen Teil des Herzkreislauf-Systems verwandt werden. Über die Katheter kann das entsprechende Herzgefäß-Segment durch Kontrastmitteleinbringung röntgenologisch dargestellt werden. Der Rechtsherz-Katheter wird in der Laiensprache oft „kleiner Herzkatheter “ genannt.

Bei der Linksherz-Katheter-Diagnostik werden Herzkatheter über zentrale Arterien und die Hauptschlagader zur linken Hauptkammer und zu den Abgängen der Herzkranzarterien (oberhalb der Aortenklappe) eingebracht. Auf diese Weise können die linke Hauptkammer, Undichtigkeiten der Aorten – und Mitralklappe und das Herzkranz-Gefäßsystem röntgenologisch dargestellt werden. Parallel dazu können Hämodynamik – Messungen und biochemische Messungen erfolgen. Der Linksherzkatheter wird auch dazu eingesetzt, um andere Katheter, zum Beispiel die Ballon-Katheter in die Herzkranzgefäße oder in die Aortenklappen-Ebene einzubringen und dort dann therapeutisch einzusetzen. Der Linksherz-Katheter wird in der Laiensprache oft „großer Herzkatheter “ genannt.

Wann ist eine Herzkatheter - Untersuchung sinnvoll?

Herzkatheter-Untersuchungen sind notwendig bei akuten Erkrankungen des Herzens wie drohender oder manifester Herzinfarkt. Sie sind darüber hinaus immer dann sinnvoll, wenn nicht-invasiv erhobene Befunde eine gravierende Erkrankung des Herzens oder des Herz-Lungen-Systems wahrscheinlich machen, ohne dass diese Befunde über die zugrundliegende Erkrankung für therapeutische Konsequenzen ausreichende Informationen liefern.

Wann sollte ein Herzkatheter sofort erfolgen?

Ein Herzkatheter sollte sofort erfolgen, wenn sich eine akute Mangeldurchblutung des Herzens abzeichnet oder bereits eingetreten ist. Ein Herzkatheter kann auch in einzelnen Fällen bei Kindern und Erwachsenen dann notwendig werden, wenn akute Erkrankungen mit gravierender Einschränkung der Herzleistung auftreten, die durch andere Untersuchungsverfahren  ( Echo / MRT etc. ) nicht sofort vollständig aufgeklärt werden können.

Welche Risiken sind mit dem Herzkatheter verbunden?

Risiken sind Gefäßverletzungen und Zerreißungen, Gefäßverschluss mit der Folge von Herzinfarkt und Tod, Blutungen, Embolien ( z.B. Schlaganfall ), Thrombosen, selten auch Infektionen. Bei der Linksherzkatheter-Diagnostik treten in 1 % der Fälle schwere Komplikationen auf, in 0,5 % der Fälle tödliche Komplikationen auf.

Bei welchen Erkrankungen wird der Herzkatheter diagnostisch eingesetzt?

Bei allen akuten und chronischen Erkrankungen des Herzens, bei denen der begründete Verdacht auf eine bedeutsame Durchblutungsstörung des Herzens vorliegt bzw. diese sicher ausgeschlossen werden muss. Außerdem in definierten Fällen präoperativ, wenn chirurgisch zu behandelnde Erkrankungen des Herzens vorliegen.

Werden Herzkatheter - Untersuchungen zu häufig durchgeführt?

In Deutschland werden Herzkatheter doppelt so häufig wie in Österreich und der Schweiz und 3-4 mal so häufig wie in allen anderen Europäischen Staaten einschließlich Schweden, Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden durchgeführt. Für diese Unterschiede gibt es keine medizinische Begründung. In Deutschland ist dementsprechend davon auszugehen, dass über ein Drittel aller Linksherz-Katheter-Untersuchungen keine Leitlinien-gerechte Indikation haben. In bestimmten Patienten-Gruppen (z.B. bei Frauen) haben Herzkatheter nicht häufiger als in 30 % der Fälle eine klare therapeutische Konsequenz.

Welche Voruntersuchungen sind vor einem Herzkatheter sinnvoll?

Voruntersuchungen sind notwendig und sinnvoll, wenn keine akuten Erkrankungen des Herzens vorliegen. Hierzu können das EKG, das Echokardiogramm, Belastungs-Untersuchungen wie das Belastungs-EKG, Stress-Echokardiogramm, Stress-MRT oder das Kardio-CT eingesetzt werden. Bei Verdacht einer chronischen Durchblutungsstörung des Herzens sind vor einer Herzkatheter-Untersuchung immer Funktionsuntersuchungen angezeigt, in denen eine relevante Durchblutungsstörung wahrscheinlich gemacht bzw. nachgewiesen wird.

Kann der Herzkatheter lebensrettend sein?

Bei akuten Erkrankungen mit drohenden bzw. manifesten Durchblutungsstörungen des Herzens (drohender oder akuter Herzinfarkt ) ist der Herzkatheter in vielen Fällen lebensrettend.

Welche Alternativen zum Herzkatheter gibt es?

Das Stress-MRT und das Kardio-CT sind wichtige Untersuchungen, die für eine Klärung der Indikationsstellung in vielen Fällen sehr hilfreich sind. Sobald eine relevante Durchblutungsstörung wahrscheinlich gemacht oder nachgewiesen wurde, ist der Herzkatheter ohne Alternative, weil nur so minimal-invasive Therapien (z.B. Erweiterung von verengten Herzkranzgefäßen) eingebracht werden können.

Was muss ich vor und nach einem Herzkatheter beachten?

Es kann aus der Punktionsstelle zu schweren Nachblutungen kommen. Abhängig vom Gefäßzugang kann dies eine definierte Phase mit Bettruhe (z.B. bei Leistenarterien-Punktion) erfordern. Nachblutungen können auch in späteren Phasen „aus heiterem Himmel“ auftreten, so dass ein mehrtägiges Schonen der Extremität sinnvoll sein kann. Selten kommt es zu unvollständigen Gefäßabdeckungen (z.B. als Aneurysma-Bildung), so dass lokalchirurgische Behandlungsmaßnahmen notwendig werden können.

Kann man nach einem Herzkatheter Autofahren und zur Arbeit gehen?

Autofahren ist einige Stunden nach der Diagnostik meist möglich. Ob die Arbeit aufgenommen werden kann, ist abhängig von der Art der Beschäftigung. Bei schwerer körperlicher Arbeit und Leistenarterien-Punktion können einige Tage Pause notwendig werden.

Was sagen die Leitlinien zur Notwendigkeit eines Herzkatheters?

Akute Erkrankungen des Herzens mit lebensbedrohenden Durchblutungsstörungen der Herzkranzgefäße sind ohne weitere Vordiagnostik klare Indikationen für einen Herzkatheter. In allen anderen Fällen ergibt sich die Indikation erst aus zusätzlichen Untersuchungsbefunden. Die wichtigsten Befunde, die für einen Herzkatheter sprechen, sind der Nachweis einer relevanten Durchblutungsstörung, gegebenenfalls in Verbindung mit CT-Ergebnissen.

Sollte der Herzkatheter ambulant oder stationär durchgeführt werden?

Grundsätzlich ist eine ambulante Durchführung möglich. Die Entscheidung wird Einzelfall – bezogen abhängig vom Alter, von Zusatzbefunden wie Nierenausscheidungsstörungen, schwerwiegenden Zusatzerkrankungen usw. getroffen. Auch der Schweregrad der Gefäßerkrankung (z.B. Hauptstamm – Stenose) sind ausschlaggebend.

Was gibt es derzeitig Neues?

Neue Entwicklungen betreffen den Einsatz der Aortenklappe und Katheter-basierte Behandlungen an der Mitralklappe. Im Regelfall sollte man hierzu auf der Basis aller vorliegenden Befunde die Beurteilung eines Kardiologen, eines Herzchirurgen und immer auch eine Zweit – Meinung anfordern.

Was erwarten Sie in den nächsten 3 - 5 Jahren?

Ich erwarte, dass auch in Deutschland die Indikation zum Herzkatheter zunehmend Leitlinien-gerecht erfolgt. Dies wird zu einer Abnahme der Häufigkeit des diagnostischen Herzkatheters führen. Verstöße gegen Leitlinien werden in Zukunft auch ein Thema für Juristen werden.

Infos zur Person

Ich war über 23 Jahre Leiter der kardiologischen Klinik am Herzzentrum Wuppertal. In der Klinik wurden auf vier Herzkatheter-Plätzen jährlich über 8000 Herzkatheter durchgeführt.

Infos zur Klinik

Ich bin seit Ende 2010 aus der Leitung der Klinik ausgeschieden. Ich halte es für wichtig, dass man außerhalb akuter Erkrankungen des Herzens so oft wie möglich und notwendig eine Zweitmeinung einholt. Hierzu gibt es verschiedene Möglichkeiten, Zweitmeinungsportale und einen Service verschiedener Krankenkassen.

Lebenslauf:

1965 – 1970 Studium der Medizin an den Universitäten Freiburg und München
1970 – 1972 Medizinal – Assistent, Promotion Dr. med. ( Freiburg ), Approbation
1972 Marine Sanitätsstaffel Ostsee
1973 – 1976 wissenschaftlicher Assistent, Institut für Pathophysiologie Universität Essen
1976 – 1979 wissenschaftlicher Assistent, Medizinische Universitätskliniken Aachen / Münster
1980 Habilitation Innere Medizin und Pathophysiologie
1980 – 1988 Oberarzt, Medizinische Universitätsklinik Essen, Gastarzt Hammersmith Hospital London
1989 – 2010 Direktor der Medizinischen Klinik – Kardiologie / Herzzentrum Wuppertal
1997 – 2010 Lehrstuhl für Kardiologie, Universität Witten

Mitgliedschaften:

Gegenwärtig Tätigkeit in selbstständiger Praxis für Kardiologie und Angiologie in Wuppertal

Beratung von Krankenhäusern im Inland und Ausland – Kardiovaskuläre Medizin, Durchführung internationaler Workshops zur Kardiovaskuläre Medizin

Geschäftsführung Cardiomed Cardiovascular Sciences GmbH + CoKG Wuppertal

Publikationen:

  • 1: Scheffold T, Kullmann S, Huge A, Binner P, Ochs HR, Schöls W, Thale J, Motz W, Hegge FJ, Stellbrink C, Dorsel T, Gülker H, Heuer H, Dinh W, Stoll M, Haltern G; Forschungsverbund Herz-Kreislauf in NRW (Research Consortium Heart and Circulation in North Rhine-Westphalia). Six sequence variants on chromosome 9p21.3 are associated with a positive family history of myocardial infarction: a multicenter registry. BMC Cardiovasc Disord. 2011 Mar 7;11:9. doi: 10.1186/1471-2261-11-9. PubMed PMID: 21385355; PubMed Central PMCID: PMC3061953.
  • 2: Marx R, Jax TW, Perings S, Schannwell M, Sunderdiek U, Gülker H. Evaluation of early and late postoperative flow capacity of internal thoracic artery bypass by means of stress Doppler echocardiography. Interact Cardiovasc Thorac Surg. 2010 Jun;10(6):1003-8. doi: 10.1510/icvts.2009.222091. Epub 2010 Mar 30. PubMed PMID: 20354038.
  • 3: Haltern G, Peiniger S, Bufe A, Reiss G, Gülker H, Scheffold T. Comparison of usefulness of heart-type fatty acid binding protein versus cardiac troponin T for diagnosis of acute myocardial infarction. Am J Cardiol. 2010 Jan 1;105(1):1-9. doi: 10.1016/j.amjcard.2009.08.645. Epub 2009 Nov 13. PubMed PMID: 20102882.
  • 4: Wallentin L, Becker RC, Budaj A, Cannon CP, Emanuelsson H, Held C, Horrow J, Husted S, James S, Katus H, Mahaffey KW, Scirica BM, Skene A, Steg PG, Storey RF, Harrington RA; PLATO Investigators, Freij A, Thorsén M. Ticagrelor versus clopidogrel in patients with acute coronary syndromes. N Engl J Med. 2009 Sep 10;361(11):1045-57. doi: 10.1056/NEJMoa0904327. Epub 2009 Aug 30. PubMed PMID: 19717846.
  • 5: Lankisch M, Füth R, Gülker H, Lapp H, Bufe A, Haastert B, Martin S, Rathmann W. Screening for undiagnosed diabetes in patients with acute myocardial infarction. Clin Res Cardiol. 2008 Oct;97(10):753-9. doi: 10.1007/s00392-008-0674-5. Epub 2008 May 19. PubMed PMID: 18491170.
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  • 7: Marx R, Kalweit G, Sunderdiek U, Jax TW, Klein RM, Szabo S, Hoffmeister HM, Gülker H. Stress Doppler echocardiography of the internal thoracic artery–a new non-invasive approach for functional assessment after minimally invasive coronary bypass grafting. Interact Cardiovasc Thorac Surg. 2006 Oct;5(5):584-8. Epub 2006 Jul 10. PubMed PMID: 17670653.
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  • 11: Horlitz M, Schley P, Sause A, Müller M, Shin DI, Klein RM, Gülker H. [Catheter ablation of ventricular outflow tract arrhythmias using an electroanatomic mapping system]. Med Klin (Munich). 2005 Oct 15;100(10):611-6. German. PubMed PMID: 16220249.
  • 12: Horlitz M, Schley P, Shin DI, Ghouzi A, Müller M, Sause A, Reiner C, Ketteler T, Klein RM, Gülker H. Circumferential pulmonary vein ablation for treatment of atrial fibrillation using an irrigated-tip catheter. Am J Cardiol. 2004 Oct 1;94(7):945-7. PubMed PMID: 15464685.
  • 13: Marx R, Klein RM, Horlitz M, Ketteler T, Schannwell CM, Lapp H, Gülker H. Angioplasty of the internal thoracic artery bypass-graft an alternative to reoperation. Int J Cardiol. 2004 Apr;94(2-3):143-9. Review. PubMed PMID: 15093972.
  • 14: Horlitz M, Schley P, Marx R, Klein M, Bufe A, Lapp H, Krakau I, Gülker H, Haverkamp W. Recurrent syncope in a young patient with long QT syndrome: possible relationship of atrioventricular nodal re-entrant tachycardia with neurally mediated spells? Wien Med Wochenschr. 2003;153(1-2):46-8. PubMed PMID: 12621693.
  • 15: Jiang H, Klein RM, Du M, Niederacher D, Gülker H. Possible role of estrogen receptor and apolipoprotein B-100 polymorphisms in coronary heart disease. Cardiology. 2002;98(1-2):100-1. PubMed PMID: 12373055.
  • 16: Jiang H, Klein RM, Niederacher D, Du M, Marx R, Horlitz M, Boerrigter G, Lapp H, Scheffold T, Krakau I, Gülker H. C/T polymorphism of the intercellular adhesion molecule-1 gene (exon 6, codon 469). A risk factor for coronary heart disease and myocardial infarction. Int J Cardiol. 2002 Aug;84(2-3):171-7. PubMed PMID: 12127369.
  • 17: Krakau I, Lapp H, Wolfertz J, Gülker H. Direct visualization of left ventricular free wall rupture by levocardiography. Catheter Cardiovasc Interv. 2002 Jun;56(2):238-42. PubMed PMID: 12112922.