Unser Experte für Harnblasenkrebs

Prof. Dr. med. Axel Merseburger

Spezialisierungen: Harnblasenkrebs, onkologische Urologie

Institution und Position: Direktor der Klinik für Urologie am Campus Lübeck des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Lehrstuhlinhaber (C4) für Urologie an der Universität zu Lübeck. Organgruppensprecher für das Harnblasenkarzinom des Vorstandes der Arbeitsgemeinschaft Urologische Onkologie der Deutschen Krebsgesellschaft sowie im Arbeitskreis Onkologie (AKO).

Stand: 14.03.2018

Die Mitschrift des Interviews mit Prof. Dr. med. Axel Merseburger zum Thema “Harnblasenkrebs”

Welche Formen von Blasenkrebs gibt es?

Also Krebs heißt erst einmal eine bösartige Erkrankung und im Prinzip können sie die Formen des Harnblasenkrebses in zwei Gruppen einteilen. Das eine sind die nicht so aggressiven Krebsarten der Harnblase, die oberflächlichen Tumore.Und das andere sind die aggressiveren Krebsarten, die in die Muskelschicht reinwachsen  oder schon gestreut haben, also der muskelinfiltrierende oder fortgeschritten, gestreute Blasenkrebs. Sie haben diese zwei Gruppen, zwischen denen man unterscheiden kann.Und das ist ganz wichtig für Sie als Patient, als Betroffene, als Angehörige, das sind ganz unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten wie der oberflächliche oder fortgeschrittene Blasenkrebs behandelt wird.

Können Tumoren in der Blase auch gutartig sein?

Ja, ein Tumor heißt immer erst einmal eine Schwellung, also im Prinzip eine Wucherung, ein Polyp und es gibt auch den seltenen Fall, dass Veränderungen in der Blase gutartig sind. Das sind dann meist Entzündungen oder Papillome, und der Pathologe klärt nach einer Biopsie, ob der Tumor gutartig oder bösartig ist.

Gibt es Möglichkeiten der Früherkennung?

Ja, es gibt Möglichkeiten der Früherkennung. Es gibt keine gesetzliche Empfehlung bei Blasenkrebs eine Früherkennung durchzuführen. Aber es gibt den Urintest, ein einfacher Test, nicht-invasiv. Der Urin wird auf Blut untersucht. Wenn Sie selber in Ihrem Urin Blutbeimengungen sehen, spätestens dann ist der Zeitpunkt gekommen, dass Sie zum Hausarzt und dann zum Facharzt, zum Urologen oder einer Urologin gehen, um dem weiter auf den Zahn zu fühlen: Was ist das genau, woher kommt das genau? Ist das eine Entzündung oder doch vielleicht eine bösartige Erkrankung der Blase.Eine gesetzlich vorgeschriebene Früherkennung für Blasenkrebs gibt es nicht, aber es gibt Hinweise, auf die Sie achten können als Patient und sich dann beim jeweiligen Haus- oder Facharzt vorstellen können.

Ist eine regelmäßige Ultraschalluntersuchung der Blase sinnvoll?

Also eine regelmäßige Ultraschall-Untersuchung der Harnblase ist nicht sinnvoll.Ultraschall­Untersuchungen sollten nur angewendet werden, wenn ein Verdacht auf eine Erkrankung in der Anamnese, also in der Befragung, vorliegt oder man in Untersuchungen vorher etwas gefunden hat, was auf einer Harnblasenerkrankung hindeutet.

 

Als Beispiel: Blut im Urin oder, eine Volkserkrankung in der Urologie, die Prostata ist vergrößert, die Männer können nicht mehr gut Wasserlassen, dann macht man eine so genannte Restharnuntersuchung, man schaut, wie viel Urin bleibt noch in der Blase drin und kann dann die weitere Therapie planen.Zusammenfassend sollte die Ultraschall-Untersuchung nicht bei jedem Patienten durchgeführt werden, aber bei Patienten oder Patientinnen, die einen Verdacht auf einen Blasenkarzinom haben, sprich Blut im Urin haben, macht es sind und tut nicht weh.

Wie wird ein Krebsverdacht abgeklärt?

Man versucht erst einmal einen anderen Grund dafür zu finden. Wenn Sie Blut im Urin haben, gerade bei Frauen, liegt häufig ein Harnwegsinfekt dahinter.Sie untersuchen den Urin auf Bakterien und wenn die Blutungsquelle weiterbesteht, wenn weiter ohne dass Schmerzen vorliegen und wenn ein Harnwegsinfekt ausgeschlossen wurde, Blut aus dem Harntrakt kommt, und das sieht man auch noch als eine sog. Makrohämaturie oder ein mikroskopischer Blutnachweis, in diesem Fall eine Mikrohämaturie, dann sollten weitere Schritte unternommen werden,bspw. eine Ultraschall-Untersuchung, um sehr deutlich sehen zu können, gibt es Strukturveränderungen in der Wand.

 

Sie sehen dort, Sie kennen das vielleicht von der Geburtshilfe, von den Bildern der Kinder, wo man sogar das Gesicht erkennen kann, die Struktur der Blase und Polypen, so kleine Bäume in die Blase hineinwachsend. Das können erste Anzeichen für einen Blasentumor sein. Der nächste Schritt wäre dann die Blasenspiegelung, also wirklich in die Blase hineinschauen, mit feinen, mittlerweile auch flexiblen Instrumenten, um die Blase zu spiegeln,Veränderungen zu sehen und dann auch eine Probe davon zu entnehmen.

Bei welchen Krebsstadien gibt es gute Heilungschancen?

Insbesondere das oberflächliche Harnblasenkarzinom lässt sich sehr gut heilen.Im oberflächlichsten Stadion, dem sog. TA G1 Stadium, sind die Heilungschancen fast 99%, wenn es früh entdeckt wird und die Patienten danach zur Nachsorge gehen.Das ist so ein bisschen die Crux, Sie müssen danach alle drei Monate eine Blasenspiegelung durchführen, zumindest in den ersten zwei Jahren und dann je nach Tumorstadium entscheiden, wie oft man die Blase spiegelt und kontrolliert.Die oberflächlichsten Blasentumore lassen sich in der Regel sehr gut therapieren, heilen auch in vielen Fällen. Man muss allerdings dazu wissen, dass diese Tumore auch zu 70% in den ersten zwei, drei Jahren wieder auftreten in der Blase.Diese lassen sich dann zwar wieder heilen, aber es ist eine wiederkehrende Erkrankung, die häufig auch viele Areale in der Blase betrifft.

 

Es gibt eine Ausnahme bei den oberflächlichen Tumoren, das ist das sog. Carcinoma in situ.Das ist eine Veränderung der oberflächlichen Schleimhaut, also Sie sehen das zum Teil gar nicht. Manchmal sieht man rötliche Veränderungen wie bei einem Infekt.Das kann man nur diagnostizieren, indem man davon eine Probe zum Pathologen schickt. Und dieses Carcinoma in situ hat eine Sonderstellung, es kann aggressiv werden, und esmuss daher auch aggressiv behandelt werden.

Welche Möglichkeiten der Behandlung gibt es?

Harnblasenkarzinom, Harnblasentumore oder Harnblasenkrebs werden erst einmal diagnostiziert, d.h. Sie sehen einen kleinen Polypen in der Blase, den schneiden Sie mit einer elektrischen Schlinge, natürlich in Narkose, heraus und schicken ihn zum Pathologen. Der sagt dann, das ist ein bösartiger Tumor oder in einigen Fällen auch eine gutartige Veränderung der Blasenschleimhaut. Wenn wir jetzt den Fall haben, dasses sich um einen gutartigen Tumor handelt, dann haben wir diesen in der Regel mit dieser Hobelung geheilt, und man macht lediglich eine Nachsorge. Wenn man den Fall hat, dass man einen aggressiven oberflächlichen Tumor hat, dann muss man in vielen Fällen nochmal nachhobeln, um sicher zu sein, dass alles draußen ist. Man muss in einigen Fällen auch eine Spülung der Blase über ein bis zwei Jahre durchführen, mit einem Mittel, einer Art Chemotherapie, das in die Blase gespült wird. Es gibt auch eine Immuntherapie, die man in die Blase spült, um letztendlich die Tumorzellen daran zu hindern, dass sie weiter wachsen, oder dass ein Tumorwachstum wieder entsteht.

 

Es gibt da noch die zweite Gruppe: Das ist der muskelinfiltrierende Blasenkrebs. Da ist es anders: Da kommt es ganz darauf an, wie fit ist der Patient, wie alt er ist, was für andere Erkrankungen liegen noch vor. In der Regel muss beim muskelinfiltrierenden Tumor die Harnblase entfernt werden. Dann muss mit dem Patienten oder der Patientin besprochen werden, was mit den Harnleitern gemacht wird, ob sie aus der Haut ausgeleitet werden, ob Stoma, ob eine Kunstblase oder Neoblase operiert wird, um dann das Wasserlassen wieder zu garantieren.Das sind die zwei großen Behandlungen: Oberflächlicher Blasentumor, hier reicht in vielen Fällen eine Hobelung oder muskelinfiltrierender Harnblasentumor, das wird eine aufwendigere Behandlung, da die Blase entfernt werden muss,mit davor und danach ggf. begleitender Chemotherapie.

Wann sollte der Tumor unbedingt sofort operiert werden?

Sofort sollte ein Blasentumor operiert werden, wenn er so stark blutet, dass mit dem Blutverlust eventuell eine lebensbedrohliche Situation eintritt.  Dann kann man in der Regel erst einmal durch die Harnblase Blut stillen und danachin Ruhe überlegen, je nach Pathologie, was man macht.Das ist die Notfallsituation. Ansonsten haben Sie in der Regel auch Wochen Zeit, sich das zu überlegen, eine Zweitmeinung einzuholen, sich einzulesen.Es gibt von der Deutschen Krebsgesellschaft auch diese blauen Büchlein, indem man nachlesen kann, welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen. Sie können sich vom Haus- und Facharzt beraten lassen und dann entscheiden, was ist die ideale Therapie für Ihren individuellen, einzelnen Fall und wer ist der Experte, wo Sie sich in Behandlung begeben können.

Welche modernen Operationsmethoden gibt es?

Es gibt moderne Entwicklungen, sowohl in der Endourologie als auch beim offenen Operieren. In der Endourologie sind es in den letzten Jahren die vermehrt zum Einsatz kommenden flexiblen Instrumente, wo Sie nicht mehr mit dem starren Instrument die Operation oder Nachsorge durchführen, sondern mit einem flexiblen Instrument die Blase spiegeln können.

 

Im operativen Bereich hat natürlich auch die minimalinvasiver Chirurgie, die Laparoskopie, Eingang in die Behandlung des Harnblasenkarzinoms gefunden.Hier kommt auch der Roboter zum Einsatz.Ob das besser ist als eine offene chirurgische Operation, gerade vor dem Hintergrund der meist doppelten Operationszeit, muss im individuellen Fall entschieden werden. In vielen Fällen macht ein kleiner Schnitt im Unterbauch, die Entfernung der Blase und dann das Anlegen einer modernen Neoblase viel Sinn. Die Alternative, das Ganze mit dem Roboter durchzuführen oder mit Laparoskopie und Schlüssellochtechnik, muss wirklich am jeweiligen Zentrum im individuellen Fall mit dem Experten besprochen, und die Vor- und Nachteile erläutert werden.

Wann empfehlen Sie die operative Entfernung der Blase?

Es gibt moderne Entwicklungen, sowohl in der Endourologie als auch beim offenen Operieren. In der Endourologie sind es in den letzten Jahren die vermehrt zum Einsatz kommenden flexiblen Instrumente, wo Sie nicht mehr mit dem starren Instrument die Operation oder Nachsorge durchführen, sondern mit einem flexiblen Instrument die Blase spiegeln können.

 

Im operativen Bereich hat natürlich auch die minimalinvasiver Chirurgie, die Laparoskopie, Eingang in die Behandlung des Harnblasenkarzinoms gefunden.Hier kommt auch der Roboter zum Einsatz.Ob das besser ist als eine offene chirurgische Operation, gerade vor dem Hintergrund der meist doppelten Operationszeit, muss im individuellen Fall entschieden werden. In vielen Fällen macht ein kleiner Schnitt im Unterbauch, die Entfernung der Blase und dann das Anlegen einer modernen Neoblase viel Sinn. Die Alternative, das Ganze mit dem Roboter durchzuführen oder mit Laparoskopie und Schlüssellochtechnik, muss wirklich am jeweiligen Zentrum im individuellen Fall mit dem Experten besprochen, und die Vor- und Nachteile erläutert werden.

Wann ist eine Chemotherapie / Strahlentherapie notwendig?

Eine Chemotherapie kann vor, nach oder als perioperative Chemotherapie durchgeführt werden und bietet einen gewissen Überlebensvorteil bei einem bestimmten Tumorstadium und sollte wirklich individuell besprochen werden. Ansonsten wird eine Chemotherapie in der gestreuten, metastasierten Situation eingesetzt. Wenn der Blasenkrebs in den Lymphknoten, in den Knochen oder anderen Organen zu liegen kommt, braucht in der Regel nicht mehr operiert zu werden. Es muss also keine Entfernung der Harnblase mehr durchgeführt werden, allerdings eine Chemotherapie und diese in vielen Fällen auch lebenslang und mit einer doch eingeschränkten Prognose.

Die Strahlentherapie wird im fortgeschrittenen Blasenkrebs eingesetzt, um schmerzhafte Metastasen im Knochen zu kontrollieren. Es ist also eine gute Möglichkeit, den schmerzhaften Knochen zu bestrahlen, um die Schmerzen zu reduzieren oder komplett auszulöschen. Es gibt den Ansatz aus Hobelung plus Chemotherapie plus Bestrahlung, also einer Dreifachtherapie, bei alten Patienten, die sehr krank sind, also Erkrankungen, bei denen eine Operation nicht infrage kommen würde.

Für wen ist eine Immuntherapie empfehlenswert?

Eine Immuntherapie nutzt das körpereigene Immunsystem, die T-Zellen und Abwehrzellen und baut darauf auf, dass das körpereigene Immunsystem die Tumorzellen besser erkennt und somit eliminiert. Dies soweit als Basiserklärung.Sie haben beim Harnblasenkarzinom zwei Möglichkeiten der Immuntherapie: Das eine ist das sog. BCG, dies ist ein abgeschwächter Tuberkuloseimpfstoff, der beim oberflächlichen, aber doch aggressiven Tumor angewendet wird. Die zweite und sich gerade in der Entwicklung befindliche Immunonkologie-Therapie in der gestreuten Blasenkrebssituation. Der Vorteil ist, dass die Immuntherapie als Infusionsgabe alle zwei, drei oder vier Wochen, je nach Produkt, bei wenig Nebenwirkungen in der Zweitlinien-Therapie denselben, in vielen Fällen besseren, Überlebensvorteilals eine Chemotherapie bietet.Sie haben eine hochwirksame Therapie, die von uns Ärzten und natürlich auch von den Patienten vor dem Hintergrund von deutlich weniger Nebenwirkungen dann auch favorisiert wird.

Welche Vorteile bietet die Immuntherapie?

Die Vorteile der Immuntherapie liegen einerseits in den deutlich weniger beobachteten Nebenwirkungen im Vergleich zur Chemotherapie. Zudem gibt es Studien, die die Hoffnung hegen, dass die Immuntherapie mit einem besseren überleben als die Chemotherapie verbunden ist. Sie haben erstens gleiche oder bessere Wirkung als die Chemotherapie in der gestreuten oder metastasierten Situation und zweitens haben Sie weniger Nebenwirkungen der gut verträglichen Therapie bei vielen Patienten. Man muss dazu sagen, es gibt einige Patienten, die unter der Immuntherapie Nebenwirkungen entwickeln. Dann ist es wirklich wichtig, frühzeitig zu reagieren, an ein Zentrum zu gehen oder an den Therapeuten zu wenden, der sich mit der Therapie gut auskennt, um auch die Nebenwirkungen zu kontrollieren und die weitere Therapie zu planen.

Wie rasch nach der Operation darf der Patient wieder Essen und Trinken?

An vielen Zentren, auch bei uns in Lübeck, erfolgt Kostaufbau sehr rasch nach der Operation: Wenn es ein oberflächlicher Tumor ist, bekommt der Patient meist schon nachmittags nach der Operation sein Mittagessen plus etwas zu trinken und kann dann frei essen.Bei größeren Eingriffen, bei denen auch am Darm operiert wird, also nach einer Neoblase, ist man ein bisschen zurückhaltender. Der Patient ist meist am ersten Tag auf der Intensivstation, kommt dann auf Normalstation, kriegt am nächsten Tag natürlich zu trinken und dann eine am Anfang noch reduzierte Kost. Es wird Brei, Suppe, Zwieback verabreicht. Der Trend geht zur sog. Fast Track Chirurgie, frühzeitig wieder mit der Nahrungsaufnahme zu beginnen, weil sich gezeigt hat, dass der Darm dann schneller in Bewegung kommt, dass die Mobilität wieder in Gang kommt, und der Stuhlgang früher einsetzt. Es wird empfohlen, es gibt auch Studien dazu, am ersten Tag mit Kaugummikauen zu beginnen, damit der Speichelfluss gewährleistet ist. All das sind Möglichkeiten, um den stationären Verlauf zu verkürzen und Komplikationen zu reduzieren.

Welche Neuerungen bei der Behandlung gibt es?

Bahnbrechende Neuerungen sind, wie ich finde, in der Endourologie die modernen, flexiblen Instrumente mit der Detektion oberflächlicher Blasentumore mithilfe bestimmter Stoffe, die vorher in die Blase eingespült werden. Aber auch neuartige Kamerasysteme, mit denen man besser den Blasentumor erkennen kann. Von unterschiedlichen Anbietern werden diese angeboten und sie sind in größeren Kliniken und Zentren auch vorhanden. Es gibt Verbesserungen in der Operationstechnik, man hat dazu gelernt, dass auch bei Frauen eine Neoblase, eine Kunstblase durchgeführt werden kann, bei Männern seit über 30 Jahren sowieso. Es gibtVerbesserungen in dem nervenschonenden Ansatz:Wenn die Funktion danach noch gut sein soll, also beim Mann die Erektionskraft und bei der Frau die Sensibilität in der Vagina, der Scheide. Dann ist es wichtig, wenn der es Tumor zulässt, den Nerv schonend zu operieren, also beidseits im Becken die Nervenstränge zu erhalten. Der Einsatz von minimalinvasiver Chirurgie ist derzeit noch Teil klinischer Untersuchungen. Das kann durchgeführt werden. Es ist aber noch nicht ganz klar, ob besser oder nicht. Also wenn Ihnen als Patient eine offene Zystektomie angeboten wird, ist das durchaus Standard und eine durchaus sinnvolle Behandlungsmethode auch im Vergleich zu Schlüsselloch und Roboterchirurgie.Es gibt noch keine klare Entscheidung, ob das eine oder andere viel besser ist.Dann, zuletzt, in der gestreuten Situation, das ist sicherlich in diesem Jahr entstanden, ganz spannend, gibt es Ergebnisse zu der Immuntherapie mit, eben beschriebenen, besseren Nebenwirkungen und guten Überlebensdaten.

Welche Frage wird Ihnen sehr häufig von Patienten gestellt?

Es gibt Fragen nach der Prognose, die häufig gestellt werden. Das ist schwierig zu beantworten, weil es individuell unterschiedlich ist, vom Tumorstadium, aber auch vom Patienten abhängig. In manchen Situationen wie dem oberflächlichen kann man sich dort gut äußern, man kann sagen, Sie haben eine exzellente Prognose, Sie können 90 oder 100 Jahre alt werden.  Häufig gestellt werden Fragen nach der Lebensqualität, gerade nach der Harnableitung, wenn es der Fall ist, dass die Blase beim muskelinfiltrierenden Tumor entfernt werden muss. Dann wird häufig die Frage gestellt: Wie ist das Leben mit der Neoblase im Vergleich zu der Beutelversorgung im Vergleich zu, alsBeispiel einem ganz anderen Konzept einer Strahlen- und Chemotherapie.Das sind die häufigsten Fragen, die verständlicherweise von den Patientinnen und Patienten gestellt werden.

Welche Antwort ist für Ihre Patienten überraschend?

Die Antwort ist überraschend, dass man dem Patienten in vielen Fällen mitteilen kann, dass man Heilung hinkriegt. Hört der Patient das Wort Tumor, fragt er, habe ich Krebs? Dann bestätigt der beratende Urologe: „Das ist Krebs“ und dann ist Trauer, dann ist Aufregung in der Familie. Dann heißt es, wie lang kann ich noch leben, muss ich jetzt mein Testament machen? Nein,es gibt Unterschiede: Der oberflächliche Krebs, vielleicht ein schlechter Vergleich, den man auch als Haustier-Krebs bezeichnen kann, den man gut heilen kann, bis zum aggressiven, muskelinfiltrierenden Krebs, den man wirklich auch aggressiv behandeln muss. Die häufigste Antwort ist, dass man wirklich in vielen Fällen auch eine Heilung von Blasenkrebs voraussagen kann.

Welche Studie oder welches Forschungsergebnis in den letzten 5 Jahren hat Sie am meisten fasziniert und warum?

Am meisten haben mich die Forschungsergebnisse in der metastasierten Situation, beim fortgeschrittenen Blasenkrebs, gefreut und letztendlich auch motiviert. Es gab viele Jahre lang beim Blasenkrebs, in der gestreuten Situation, nur eine Chemotherapie, danach eine Zweitlinie mit ganz schlechter Prognose. In den letzten Jahren gibt es bahnbrechende Entwicklungen in der Immunonkologie mit besserem Nebenwirkungsprofil dieser neuen Substanzen. Es gibt eine Reihe neuerer Substanzen, die derzeit in der Erprobung sind und ganz aktuell in Deutschland zur Behandlung des fortgeschrittenen, also des metastasierten Blasenkrebs in der Zulassung sind. Das sind die Ergebnisse, die den Patienten, und auch uns Therapeuten, am meisten helfen in den letzten Jahren.

Infos zur Person

Erst einmal bin ich Facharzt für Urologie und beschäftige mich im Rahmen meiner Weiterbildung, Ausbildung und dann als Facharzt, Oberarzt und in den letzten Jahren als Chefarzt schon seit über 15 Jahren mit der Thematik des Harnblasenkarzinoms. Zudem leite ich die urologische Abteilung an der Universitätsklinik Lübeck, am UKSH, also Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, dem größten Maximalversorger in Schleswig-Holstein, Norddeutschland. Zudem bin ich im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft „Urologische Onkologie“ und in dieser Funktion Organgruppensprecher für das Harnblasenkarzinom.

Infos zur Klinik

Der Campus Lübeck am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein hat den Schwerpunkt Onkologie und urologische Onkologie und bietet vor diesem Hintergrund ideale Voraussetzungen der Behandlung aller Formen des Harnblasenkarzinoms. Wir haben die interdisziplinäre Zusammenarbeit, Tumorboards, klinische Studien, aber selbstverständlich auch die chirurgische Expertise, um diese Tumorart „State ofthe Art“ zu behandeln.

Lebenslauf:

Beruflicher Werdegang

Seit 06/2015 Klinikdirektor W3 Professur auf Lebenszeit für
Urologie Universitätsklinikum Schleswig Holstein, Campus Lübeck
02/2013 – 05/2015 Stellvertretender Klinikdirektor/Leitender Oberarzt
der Klinik für Urologie und Urologische Onkologie Medizinische Hochschule
Hannover
08/2012 Ernennung zum Außerplanmäßigen Professor (APL) Medizinische Hochschule Hannover
08/2012 Leitender Oberarzt der Klinik für Urologie und
Urologische Onkologie Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Urologie
und Urologische Onkologie (Prof. Dr. med. Markus A. Kuczyk)
09/2011 Secundo loco W3 Professur Urologie Universitätsklinikum Göttingen
01/2010 Leitender Oberarzt der Sektion Urologische Onkologie
Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Urologie und Urologische Onkologie
(Prof. Dr. med. Markus A. Kuczyk)
04/2009 Habilitation für Urologie Medizinische Hochschule
Hannover, Klinik für Urologie und Urologische Onkologie (Prof. Dr. med. Markus
A. Kuczyk)
11/2007 Facharzt für Urologie Universitätsklinikum
Tübingen, Klinik für Urologie (Prof. Dr. med. Arnulf Stenzl)

Aus- und Weiterbildung

2004–2007 Assistenzarzt, Facharztweiterbildung Urologie,
Urologische Onkologie Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Urologie
(Prof. Dr. med. Arnulf Stenzl)
06/2004 Vollapprobation als Arzt
2003 Promotion Medizinische Hochschule Hannover, Klinik
für Urologie und Kinderurologie (Prof. Dr. med. Udo Jonas)
06/2003–08/2004 Arzt im Praktikum und Assistenzarzt: Chirurgische
Praxisjahre Zollernalb Klinikum Hechingen, Abteilung Chirurgie, Klinik für
Allgemein- und Visceralchirurgie (Prof. Dr. med. Georg Breucha)
12/2002–08/2003 Arzt im Praktikum: Facharztweiterbildung Urologie
Universitätsklinikum Tübingen, Klinik für Urologie (Prof. Dr. med. Arnulf
Stenzl)
01/2002–11/2002 Praktisches Jahr
1996–2002 Medizinstudium
Medizinische Hochschule Hannover
1996 Zivildienst und Krankenpflegepraktikum
Friederikenstift Hannover, Abteilung Allgemeinchirurgie
1995–1996 Zivildienst; Notfunkdienst Hannover e.V.
1982–1995 Schulbildung, Allgemeine Hochschulreife

Studien- und Arbeitsaufenthalte im Ausland

12/2006–02/2007 MSD-Stipendium Urologie Miami, USA
01/2002–03/2002 Praktisches Jahr. 1. Teil: Wahlfach Innere Medizin,
Unterassistent Universitätsspital Basel, Schweiz, Medizinische Klinik
09/2001–10/2001 Stipendiatbeim Department of Defense und der Henry M.
Jackson Foundation Center for Prostate Disease Research (CPDR), Washington
D.C., USA (Prof. Dr. Judd W. Moul)
09/2000–07/2001 Stipendiatbeim BMEP und DAAD Uniformed Services
University of the Health Science, Walter Reed Army Medical Center, Washington
D.C., USA (Prof. Dr. FathollahKashMostofi, Prof. Dr. med. Isabelle A.
Sesterhenn)
03/2000–04/2000 Famulatur, Neurochirurgie Harvard Medical School,
Boston, USA
03/1999–04/1999 Famulatur, Anästhesie Allgemeines Krankenhaus Wien,
Österreich
1992–1993 Austauschschüler – USA Lemon Bay High School,
Englewood, Florida, USA

Mitgliedschaften:

Publikationen:

  • Tolkach Y, Herrmann T, Merseburger A, Burchardt M, Wolters M, Huusmann
    S, Kramer M, Kuczyk M, Imkamp F. Development of a clinical algorithm for
    treating urethral strictures based on a large retrospective single-center
    cohort. Version 2. F1000Res. 2016 Sep 26 [revised 2017 Apr 24];5:2378.
  • Weinhold I, Keck T, Merseburger A, Rody A, Wollenberg B, Wende D, Häckl
    D, Elsner C. [Utility Analysis of Oncological Centre Building in the Field
    of Colorectal Cancer]. Zentralbl Chir. 2017 May 4. doi:
    10.1055/s-0042-122854. German. PubMed PMID: 28472845.
  • Latosinska A, Mokou M, Makridakis M, Mullen W, Zoidakis J, Lygirou V,
    Frantzi M, Katafigiotis I, Stravodimos K, Hupe MC, Dobrzynski M, Kolch W,
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  • Jordan AR, Lokeshwar SD, Lopez LE, Hennig M, Chipollini J, Yates T, Hupe
    MC, Merseburger AS, Shiedlin A, Cerwinka WH, Liu K, Lokeshwar VB. Antitumor
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    Complex Transcriptome Identifies CDK19 and CDK8 as Therapeutic Targets in
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Weitere Publikationen