Unser Experte für Ernährung – Allgemein

Prof. Dr. med. Andreas Pfeiffer (Ernährung – Allgemein)

Spezialisierungen: Ernährung und Diabetes - Mechanismen der günstigen Wirkungen von Nährstoffen auf die Gesunderhaltung. Prävention durch "Life Style"

Institution und Position: Direktor der Klinik für Endokrinologie, Diabetes und Ernährungsmedizin an der Charité, Universitätsklinikum Berlin und Leiter der Abteilung Klinische Ernährung am Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIFE) in Potsdam, Leibniz-Institut. Universitätsprofessor (C4) für Innere Medizin mit Schwerpunkt Endokrinologie an der Freien Universität Berlin.

Stand: 14.03.2018

Die Mitschrift des Interviews mit Prof. Dr. med. Andreas Pfeiffer (Ernährung – Allgemein) zum Thema “Ernährung – Allgemein”

Wofür braucht man Eiweiß?

Eiweiß ist ein Grundnahrungsmittel. Es ist der Hauptbaustein unserer Zellen und der Enzyme. Eiweiß ist insbesondere wichtig für den Muskelaufbau. Eine ausreichende Eiweißzufuhr ist vor allen Dingen wichtig wenn man älter wird, weil im Alter die körpereigene Produktion von Muskelprotein schlechter wird. Durch eine ausreichende Eiweißzufuhr kann man also die Muskelmasse besser erhalten und verhindern, dass man gebrechlich wird. Das Gleiche gilt auch für den Knochen, der für seinen Aufbau Eiweiß braucht. Wer gesund alt werden wir und seine Leistungsfähigkeit erhalten möchte braucht mehr Eiweiß als Menschen, die das zugeführte Eiweiß besser verwerten können.

Welche Eiweißquellen sind gesund?

Eiweiß wird zunehmend weniger konsumiert, weil viele Leute Angst vor Fleisch haben, weil sie gehört haben, dass zu viel Fleisch ungünstig ist. Auch die WHO, also die Weltgesundheitsorganisation, hat ja solche Statements gerade herausgebracht. Das stimmt tatsächlich für rotes Fleisch: Man sollte nicht mehr als etwa 300 g rotes Fleisch von Schwein, Rind, Ziege oder Schaf pro Woche essen. Andere Eiweißquellen sind hingegen sehr gesund. Das sind insbesondere das Milcheiweiß, dass beispielsweise in Quark, Joghurt und Käse enthalten ist, dann weißes Fleisch, also Hühnerfleisch und Fisch sowie das Pflanzen-Eiweiß, z.B. in Bohnen, Erbsen, Linsen, Soja und Lupine. Die Vielfalt an Soja- und Lupine-Produkten ist ja sehr groß; gerade im Biomarkt gibt es hier sehr gute Möglichkeiten gesundes Eiweiß zuzuführen.

Wie viel Obst sollte man essen?

Früchte sind aufgrund ihres Gehalts an Vitaminen und Mikronährstoffen gesund, sie enthalten aber auch Fruchtzucker und damit Kalorien. Zu viel Fruchtzucker ist ungünstig und hat negative Eigenschaften auf den Stoffwechsel und wir empfehlen, nicht mehr als 300 g Obst pro Tag zu essen. Es wird zum Beispiel ein mittelgroßer Apfel, eine Mandarine und vielleicht eine halbe Banane.

Ist Fruchtzucker aus Obst schädlich?

Fruchtzucker hat durchaus ungünstige Eigenschaften im Stoffwechsel, wenn man größere Mengen davon zu sich nimmt. Wir empfehlen maximal 30-40 g Fruchtzucker pro Tag zu sich zu nehmen, was der Menge von etwa 300 g Obst entspricht. Wenn man mehr Zucker ist, hat dies negative Auswirkungen. Da Haushaltszucker zur Hälfte aus Fruchtzucker besteht, neigen wir schon im Alltag dazu, zu viel Fruchtzucker aufzunehmen. Wir empfehlen daher, den Haushaltszucker möglichst ganz zu streichen.

Ist Fruchtsaft so gesund wie die Werbung behauptet?

Fruchtsaft ist auszwei Gründen nicht so gesund wie die Werbung behauptet. Erstens besteht Fruchtsaft hauptsächlich aus Fruchtzucker und viele der guten Inhaltsstoffe von Obst, wie zum Beispiel die Ballaststoffe und Mikronährstoffen sind in Fruchtsaft nicht mehr enthalten seitens sättigt Fruchtsaft. Man trinkt ganz schnell 1 bis 2 Gläser Saft und hat dann 30-40 g Fruchtzucker aufgenommen, was hohen Kalorienmenge entspricht und schon die maximal empfohlene Tagesmenge von noch Zucker beinhaltet. Man sollte besser das Obst als Ganzes essen und damit auch von Ballaststoffen und den Mikronährstoffen profitieren. Fruchtsaft sollte also nur in kleinen Mengen zugeführt werden.

Was sollte man zum Frühstück essen?

Das Frühstück ist eine wichtige Mahlzeit für die Stoffwechselregulation, vor allen Dingen bei Menschen, die zu einem Diabetes neigen oder schon einen Diabetes haben. Es ist wichtig, dass beim Frühstück auch ein gewisser Anteil von Eiweiß dabei ist. Wir essen er zum Frühstück typischerweise Brötchen mit Marmelade, also fast nur Kohlenhydrate. Für den Stoffwechsel wäre es günstiger, wenn man beim Frühstück auch etwas Eiweiß zur führt, zum Beispiel Kurt, Quark, fettarme Milchprodukte oder ein Ei.

Sind Vollkornprodukte gesund?

Vollkornprodukte werden von vielen Leuten deshalb nicht gegessen, weil sie Blähungen verursachen und deshalb zu Unwohlsein führen. Vollkornprodukte haben aber Ballaststoffe und gerade die Getreide-Ballaststoffe sind besonders günstig für die Gesundheit. Menschen, die etwa 2 Scheiben Vollkornbrot Tag essen, am zum Beispiel etwa 30% weniger Diabetes und auch ein geringes Risiko für andere Erkrankungen. Zum Beispiel wird durch Ballaststoffe das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch für Infektionen reduziert, wahrscheinlich deshalb, weil wir mit den Ballaststoffen das Mikrobion, also die Gesamtheit der natürlich im Darm vorkommenden Bakterien, füttern und auf diese Weise die Abwehrkräfte günstig beeinflussen.

Ist es besser das Frühstück auszulassen?

Das Frühstück wird häufig ausgelassen, wenn man morgen sich so viel Hunger hat. Für gesunde Leute hat dies keine wirklich negativen Auswirkungen, teilweise sogar Vorteile aufgrund der längeren Fastenperiode. Menschen mit einem Diabetes haben jedoch durch das Weglassen des Frühstücks über den ganzen Tag hinweg eine schlechtere Stoffwechselregulation, weil nicht genügend Insulin ausgeschüttet wird und damit auch nach dem Mittagessen und dem Abendessen die Blutzuckerspiegel höher und länger ansteigen. Viele Menschen ohne Diabetes lassen lassen frische Gabe auch ausfallen sie übergewichtig sind und Gewicht abnehmen wollen. Diese Strategie ist aber untauglich weil diese Menschen den Ausfall des Frühstücks bei den nächsten Mahlzeiten überkompensieren und dann den Tag hinweg doch zu viel essen. Im Allgemeinen ist es also besser wenn man frühstückt.

Spielt es eine Rolle wann man isst?

Spielt tatsächlich eine erstaunlich große Rolle, wann man isst. Unser Stoffwechsel unterliegt ja einem natürlich vorgegebenen Tagesrhythmus und ist entsprechend zirkadianen reguliert. Morgens fahren wir den Stoffwechsel hoch verdauen vor allen Dingen Zucker und Fette viel besser und viel schneller als abends. In einer kürzlich durchgeführten Studie mit 29 jungen Männern haben wir den morgens und abends die gleiche Mahlzeit gegeben und dann gesehen, dass genau die gleiche Mahlzeit abends zu einem 3-fach höheren Blutzuckeranstieg geführt hat und dieser auch sehr viel länger angedauert hat als morgens. Für Gesunde ist das nicht so problematisch, aber bei Menschen mit einer Vorstufe des Diabetes kann dies zum Ausbruch des Diabetes beitragen. Deshalb ist besser, wenn man größeren Teil der Nahrung in der ersten Hälfte des Tages zu führt und am Abend deutlich weniger isst.

Spielt es eine Rolle zu welcher Tageszeit man was isst?

Ich spielt insbesondere eine Rolle zu welcher Tageszeit man Kohlenhydrate zu führt. Da gibt es ja dieses berühmte Konzept: keine Kohlenhydrate abends, schlank im Schlaf, was von vielen Leuten tatsächlich angenommen wird. Wir haben das in einer Studie überprüft und dabei tatsächlich gesehen, dass es stärkere negative Wirkungen für den Zuckerstoffwechsel hat, wenn man abends viele Kohlenhydrate zuführt, als wenn man abends zum Beispiel Fette isst. Abends sollte man also möglichst den Konsum von Kohlenhydraten einschränken. Das betrifft zum Beispiel Chips, die viele Menschen essen, wenn sie abends vor dem Fernseher sitzen.

Sind Kohlenhydrate abends wirklich schlecht?

Kohlenhydrate abends sind nicht unbedingt schlecht an sich, aber sie können im Stoffwechsel deutlich schlechter verwertet werden und verursachen ganz besonders hohe Blutzuckerspiegel. Das tun Eiweiß oder Fette, sodass Kohlenhydrate abends tatsächlich ungünstiger sind. Nüsse, die wenig Kohlenhydrate haben, aber Ballaststoffe, Fette und Protein, wären abends also sehr viel günstiger als kohlenhydratereiche Snacks.

Sind alle erhältlichen Süßstoffe schädlich?

In der EU sind etwa 10 Süßstoffe zugelassen. Die meisten Menschen glauben, dass Süßstoffe schädlich sind. Für Menschen mit Diabetes ist sicherlich Zucker schädlicher als Süßstoff.Das Süßstoff wirklich schädlich ist, ist wissenschaftlich nicht gut belegt durchaus zweifelhaft. Süßstoff ist aber keine Lösung für das Problem des Dickseins. Menschen, die dick sind sind dies mit oder ohne Süßstoff. Für Menschen mit Typ 2-Diabetes ist der Ersatz von Zucker doch Süßstoff auch für den Stoffwechsel kaum relevant. Dennoch, nach Zufuhr von Süßstoff steigt der Blutzucker sehr viel weniger an als nach Zufuhr von Kohlenhydraten, was zumindest für Menschen mit Typ 1-Diabetes von Vorteil ist.

Wie sollen sich Sportler ernähren?

Wenn man normalen Sport betreibt, also bei Hobbysportlern, ist eine gesunde und abwechslungsreiche Ernährung völlig ausreichend und man muss keine Supp mit Protein zum Muskelaufbau zu führen. Dies ist jedoch hilfreich, wenn man Bodybuilding macht und in kurzer Zeit ganz viel Muskulatur aufbauen will. Tatsächlich ist es so, dass die Leistungsfähigkeit durch eine proteinreiche Ernährung nur wenig ansteigt und dass die meisten Sportler in diese Beziehung eher übertreiben. Hierbei kommt es natürlich auf die Art des Sports an. Für Ausdauersportarten ist es wichtig, dass man genügend Glykogenspeicher in den Muskeln verfügbar hat, die als Energiereserven für den bei der Muskelaktivität notwendigen Zucker notwendig sind. Die Ernährung bei Sportlern ist durchaus ähnlich wie die gesunde Ernährung für jedermann.

Was halten Sie von von Omega-3 zur Vermeidung von Gefäßverkalkungen?

Die zuvor von Omega-3-Fettsäuren wurde über eine Zeit propagiert weil man meinte, dass damit Gefäßverkalkung, Herzinfarkte, Schlaganfälle und plötzlicher Herztod zu verhindern seien. In den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts hatte die sogenannte GISSI-Studie nahegelegt, dass man mit Omega-3 Fettsäuren die Sterblichkeit um 20% reduzieren kann. In den letzten Jahren wurden jedoch 2 große placebokontrollierte Studien mit 12.000 Menschen durchgeführt, eine davon mit Diabetikern, und den beiden Studien würde überhaupt kein Unterschied Omega-3 Gruppe und der Placebogruppe festgestellt. Das heißt, dass die zusätzliche Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren das Auftreten von Herzinfarkt, Schlaganfall oder plötzlichem Herztod nicht verhindern kann. Dies ist in der Bevölkerung noch nicht ganz durchgedrungen.Viele Produkte wie zum Beispiel Margarine haben heute aber einen höheren Gehalt an Omega-3-Fettsäuren. Diese dazu bei, die Spiegel der Triglyceride, also der Neutralfette, im Blut zu senken. Menschen, die damit Probleme haben, können also von Omega-3 Fettsäuren profitieren.

Ist vegane Kost gut oder schädlich?

Vegane Kost kommt momentan immer mehr in Mode. Etwa 3% der Bevölkerung sind wirkliche Veganer. Diese behaupten, dass es gesünder ist, vegan zu leben und dass man damit auch länger lebt. Dies ist aber wissenschaftlich nicht belegt. Zum Beispiel behaupten die Adventisten, dass sie durch Studien belegen können, dass vegane Kost das Leben verlängert. Dies ist aber nicht der Fall, Diese Menschen verhalten sich auch anders, sie sind mobiler, nicht so dick wie andere und wenn man diese Faktoren berücksichtigt, so ist die vegane Kost nicht das Ausschlaggebende. Vegane Kost hat eine niedrigere Wertigkeit bzgl. der Eiweiße weil das Pflanzenprotein eine andere Zusammensetzung hat als das Eiweiß, das wir eigentlich benötigen. Dies kann insbesondere für Kinder im Wachstum ein Problem sein. Deshalb sind die Kinderärzte im Allgemeinen gegen eine vegane Kost, während es für erwachsene Menschen eine Form darstellt, die man durchaus vertreten kann. Man muss dann aber schon darauf achten, was man isst, damit man keinen Mangel an bestimmten Nährstoffen und insbesondere Eiweißbausteinen bekommt.

Treiben Eier den Cholesterinspiegel hoch?

Es stand lange in den Ernährungsempfehlungen, dass der Konsum von Eiern eingeschränkt werden sollte, weil Eier den Cholesterinspiegel hochtreiben. Tatsächlich ist es aber so, dass die durch Nahrung aufgenommene Menge von Cholesterin nicht den Cholesterinspiegel steuert. Seit den wissenschaftlichen Arbeiten von Brown und Goldstein, die dafür im Jahre 1985 den Nobelpreis bekommen haben, bekannt ist, dass unser Stoffwechsel einen sehr ausgefeilten Mechanismus hat, der erkennt, wie viel Cholesterin wir zuführen und der dementsprechend die Cholesterin Produktion in der Leber steuert. Das meiste Cholesterin produzieren wir selbst sodass wir so viele Eier essen können wie wir wollen, ohne den Cholesterinspiegel zur verändern.

Kann man durch Ernährung den Cholesterinspiegel beeinflussen?

Die Nahrung hat einen starken Effekt auf den Cholesterinspiegel. Wir haben bei 92 Zwillingen den Cholesterinspiegel untersucht und dabei gesehen, dass dieser erblich stark festgelegt ist. Das ungünstige LDL Cholesterin wird zu 70% vererbt und das günstige HDL-Cholesterin sogar zu 90%. Wenn man weniger gesättigte Fettsäuren, also Milchfett oder die im Fleisch enthaltenen tierischen Fette isst, so nimmt der Cholesterinspiegel ab. Das war früher einmal der Grund für die Empfehlung einer kohlenhydratreichen Ernährung. Führt man dagegen mehr Fette zu, so steigt der Cholesterinspiegel sehr schnell an. Der Anstieg beginnt innerhalb einer Woche, geht aber nach 6 Wochen noch weiter und auch das ist genetisch festgelegt. Dabei steigen sowohl das gute und auch das schlechte Cholesterin an, sodass das Verhältnis der beiden zum Schluss weitgehend gleich bleibt. Wir wissen aber, dass auch das günstige Cholesterin nicht immer hilft, die Atherosklerose, also die Gefäßverkalkungen, zu vermeiden. Die Höhe des Spiegels des ungünstigen LDL-Cholesterins spielt hier eine wesentliche Rolle. Von Seiten der Ernährung ist es wichtig, wenig gesättigte Fette zuzuführen.

Welche Vorteile bietet die Mediterrane Kost?

Die typische mediterrane Kost bekommen wir in Deutschland beim Italiener. Damit ist nicht die Pizza gemeint, sondern Salate und Speisen, die mit Olivenöl angemacht sind wie Blattsalate und Gemüse. Tatsächlich ist mediterrane Kost diejenige Ernährungsform, für die es die größten und besten Ernährungsstudien gibt. In einer Studie aus Spanien, die etwa 7500 Menschen einbezogen hat und über Jahre dauerte, wurde gezeigt, dass die Zufuhr einer mediterrane Kost mit viel Gemüse und grünem Salat die Rate von Herzinfarkten, Schlaganfällen und auch neuen Diabetesfällen reduziert.Dies ist also eine Ernährungsform, die man empfehlen kann. Speziell wird damit gezeigt, dass der Konsum von Olivenöl und der damit produzierten Speisen günstig ist. Die Familien hatten pro Haushalt 1 l Olivenöl pro Woche zur Verfügung gestellt bekommen. Dies ist wahrscheinlich für unsererLand nicht realistisch, sodass wir uns eher überlegen müssen, wie wir eine nördliche Variante der mediterrane Kost entwickeln können. Wahrscheinlich ist Rapsöl bei uns die Ölsorte, die günstig wäre. Zu diesem Thema machen wir derzeit eine Studie in Berlin, die sogenannte NutiAct-Studie, in der wir die Auswirkungen einesgünstigen nördlichen Ernährungsmusters mit Rapsöl untersuchen.

Kann man seine Darmflora durch die Ernährung beeinflussen?

Die Darmflora, auch Mikrobiom genannt, besteht aus Billionen von Bakterien, die eine ganze Menge von Stoffwechselprodukten produzieren, welche in unseren Körper abgegeben werden. Wir beeinflussen dieses Mikribiom direkt durch unsere Ernährung. Alles, was wir essen und insbesondere auch nicht aufnehmen, wird durch die Darmflora verwertet. Tatsächlich kann man durch die Ernährung ganz schnell die Darmflora verändern. Es gibt beispielsweise Studien mit Veganern, die nie Fleisch gegessen haben und denen im Rahmen der Studie Fleisch gegeben wurde. Bereits nach 2 Tagen entstehen dann neue Bakterienarten, die Fleisch bzw. das, was der Körper davon übrig lässt, verarbeiten können. Ernährung kann die Darmflora wirksam beeinflussen. Was das aber genau bedeutet und wie man das am besten therapeutisch steuert, ist bis heute nicht gut geklärt.

Ist laktosefreie Kost gesund?

Laktosefrei zielt darauf ab, dass der Milchzucker aus der Milch zerlegt wird. Milchzucker ist ein Doppelzucker, der aus Glucose und Galaktose besteht. Der Milchzucker durch das Enzym Laktase gespalten. Menschen mit einem Laktasemangel können Laktose, also den Milchzucker, nicht vertragen. Laktosefreie Produkte enthalten einfach mit Laktase verdauten Milchzucker. Sie enthalten also durchaus die natürlichen Zuckerbausteine. Ob laktosefreie Kost dann gesünder für die Menschen ist, die keinen Laktasemangel haben, die also sogar nicht vertragen, ist nicht bekannt und durchaus fraglich. Von daher ist laktosefreie Kost für gesunde Menschen ohne jeglichen Vorteil. Für Menschen, die Laktose nicht vertragen, also eine Laktoseintoleranz haben, ist eine laktosefreie Ernährung natürlich besser, weil sie sonst Darmbeschwerden u.a. Probleme bekommen. Eine Alternative ist für sie aber die Zufuhr von Tabletten mit Laktase zu den entsprechenden Mahlzeiten.

Ist glutenfreie Kost gesund?

Gluten ist momentan ein großes Thema. In Amerika muss man sich schon seine Freunde danach aussuchen, ob sie Gluten essen wollen oder nicht. Auch bei uns glauben zunehmend viele Menschen, dass sie an einer Glutenintoleranz leiden und es ihnen besser geht, wenn sie sich glutenfrei ernähren. Sich glutenfrei zu ernähren hat keine Nachteile. Nur etwa 0,5% der Bevölkerung sind an einer einheimischen Sprue oder Zöliakie erkrankt, die durch eine Allergie gegen Gluten ausgelöst ist. Die Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, bei der Darmzotten zerstört werden, wenn man glutenhaltigeNahrung zuführt. Durch Antikörperuntersuchungen und Dünndarmbiopsien kann man heute eindeutig feststellen, wer eine Zöliakie hat. Menschen, die darunter leiden, müssen lebenslang glutenfrei essen, um symptomfrei zu bleiben. Für andere Menschen, bei denen keine Glutenintoleranzvorliegt, ist die glutenfreie Kost eine Option, die wahrscheinlich nicht schädlich ist.

Welche Frage stellen Ihnen Patienten am häufigsten?

Eine der ganz häufigen Fragen meiner Patienten ist, ob sie einen Stoffwechseldefekt haben, der dafür verantwortlich ist, dass sie übergewichtig sind. Dabei werden häufig Hormone verantwortlich gemacht und eine entsprechende Hormonuntersuchung gefordert. Die Antwort auf eine solche Frage ist nicht ganz einfach: Es gibt Hormonerkrankungen, vor allen Dingen aber auch Stoffwechselerkrankungen, die dazu führen, dass man schneller zunimmt. Diese sind aber sehr selten. In den meisten Fällen ist es doch so, dass diese Menschen einfach mehr essen als sie verbrauchen. Im Laufe des Lebens geht der Grundumsatz, also die Menge an Energie, die wir pro Tag für die Stoffwechselvorgänge in Ruhe brauchen, um ungefähr ein Drittel zurück. Wenn man älter wird, muss man also 1/3 weniger essen, besonders ab einem Alter von 50 Jahren, und das insbesondere dann, wenn man sich auch weniger bewegt. Die Antwort auf die Frage, ob ein Stoffwechseldefekt vorliegt und eine Behandlung zur Gewichtsabnahme führen könnte, fällt also für die meisten Patienten nicht befriedigend aus.

Welche Neuentwicklungen zur Ernährung erwarten Sie in den nächsten 5 Jahren?

Neuentwicklungen in der Ernährungsversuch sollten sich natürlich an dem orientieren, was gesunde Ernährung ist. Wir verstehen inzwischen mehr und mehr die Vorteile einer individualisierten, gesunden Ernährung. Derzeit entsteht ein großer Markt, auch von Start-Up-Unternehmen, die neue Produkte anbieten. Wir denken ja immer, dass die verarbeiteten Produkte schlecht sind, aber man kann selbstverständlich sehr gesunde verarbeitete Produkte herstellen. Wir Menschen essen immer mehr Fertigprodukte, die man mal schnell so mitnehmen und essen kann, weil man ja wenig Zeit für die Zubereitung von Essen hat. Ich glaube, dass derzeit ein großer und durchaus interessanter Markt von gesunden Lebensmitteln steht, welche genug, aber nicht zu viel Energie liefern, die richtigen Fette enthalten, die richtigen Eiweissbestandteile und auch die richtigen Mikronährstoffe. Ich glaube, dass sich ein Markt für eine personalinfizierte Ernährung entwickeln wird, wobei man verstehen und identifizieren kann, was für den Einen oder für den Anderen ganz individuell besser ist und bei dem dann die entsprechenden maßgeschneiderten Produkte angeboten werden können.

Neuentwicklungen in der Ernährung sollten sich natürlich an dem orientieren was gesunde Ernährung ist. Wir verstehen mehr und mehr die Vorteile einer individualisierten, gesunden Ernährung. Momentan entsteht ein großer Markt, auch von Start-up-Unternehmen, die interessante neue Produkte anbieten. Wir denken ja immer, dass die verarbeiteten Produkte schlecht sind, aber man kann selbstverständlich sehr gesunde, verarbeitete Produkte herstellen. Wir Menschen essen immer mehr Fertigprodukte, die man mal schnell so mitnehmen und essen kann, da einfach nicht genug Zeit fürs Essen da ist. Es entsteht, glaube ich, ein großer und durchaus interessanter Markt von gesunden Nahrungsmitteln, die genug, aber nicht zu viel Energie liefern, die richtigen Fette, die richtigen Eiweißbausteine, und die richtigen Mikronährstoffe enthalten und die zunehmend verfügbar werden. Ich glaube es wird sich ein Markt für personalisierte Ernährung entwickeln bei der man verstehen und identifizieren kann was für den Einen oder für den Anderen ganz individuell besser ist und für die dann dementsprechend maßgeschneiderte Produkte angeboten werden.

Was sind Mikronährstoffe?

Mikronährstoffen sind die in Pflanzen, aber durchaus auch in anderen Produkten, vorhandenen nicht-nutritiven Anteile. Sie tragen zwar nicht zur Energieversorgung bei, sind aber für unsere Gesundheit von ganz wesentlicher Bedeutung. Sie sind zum Beispiel der Hauptgrund dafür warum Obst und Gemüse gesund sind. Mikronährstoffe sind zum Beispiel sogenannte PolyphenoleoderGlucosinolate, von Pflanzen produziert werden, damit Schädlinge sie nicht zerstören. Wir Menschen haben in der Evolution gelernt, dass wir die Pflanzen essen können, obwohl sie eigentlich giftige Verbindungen beinhalten. Ein ganzes System in unserem Stoffwechsel, der Xenobiotika-Metabolismus, löst eine Schutzreaktion aus, wenn wir solche Verbindungen essen. Das führt – ähnlich wie beim Sport – dazu, dass wir durch diesen Stressresistenter werden. Der Aufbau dieser Resistenzen macht gesunde Ernährung eigentlich gesund, während Vitamine in Obst und Gemüse im Vergleich dazu eine geringere Rolle spielen.

Infos zur Person

Ich habe mich in der Forschung immer für die Wirkung von Hormonen und ihren Rezeptoren interessiert, insbesondere solche, die mit dem Stoffwechsel zusammenhängen. Im Jahr 2000 erhielt ich einen Ruf an das Deutsche Institut für Ernährungsforschung,das DIFE, kombiniert mit einem Lehrstuhl an der Charité, Universitätsklinikum Berlin. Das DIFE ist ein Leibniz Institut, an dem ich insbesondere Ernährungsstudien durchgeführt habe. In vielen meiner Studien erforschen wir die Frage der Prävention ernährungsbedingter Erkrankungen wie Adipositas und Diabetes. Diese Studien werden häufig international und auf nationalen Kongressen vorgestellt. Hinzu kommt meine Aufgabe als Hochstuhllehrer an der Universität. Wir bilden auch junge Mediziner und Ernährungswissenschaftler aus. Was mich selbst besonders antreibt ist die Frage, was wir durch eine gesunde Ernährung in einer Welt erreichen können, die durch Gesundheitsprobleme gekennzeichnet ist, welche durch ein Überangebot an Nahrung entstehen.

Infos zur Klinik

Meine akademische Position und meine Klinik zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass wir auf der einen Seite das Deutsche Institut für Ernährungsforschung zur Verfügung haben und die dort gewonnenen Grundlagenkenntnisse mit der Klinik für Endokrinologie, Diabetes und Ernährung Medizin an der Charité verbinden können. Das hat den Vorteil, dass wir die Ergebnisse der Grundlagenforschung unmittelbar auf die klinische Forschung im Bereich der Ernährungsmedizin übertragen können. Dabei widmen wir uns insbesondere der Frage, wie Ernährung das Auftreten und den Verlauf von Erkrankungen, speziell von Stoffwechselerkrankungen, beeinflusst. Unsere angebotenen Therapiemöglichkeiten und die damit verbundene Diagnostik konzentrieren sich darauf, individualisierte Therapieansätze zu entwickeln, also herauszufinden, was welche Ernährungsstrategie für den Einzelnen, also den speziellen Fall, am besten geeignet ist.

Lebenslauf:

Studium

1972-1974 Vorklinisches Studium der Medizin bis Physikum in
Kiel.
1974-1975 Klinisches Studium in Montpellier/Frankreich, in
dieser Zeit Arbeit im Biochemischen Labor der Universität bei Prof. Henry
Rochefort über die DNS-Bindung von Östrogenrezeptoren.
1975-1979 Klinisches Studium in Freiburg/Breisgau bis zum
Staatsexamen. Paralleles Studium der Philosophie einschließlich Vorprüfung.
1980 Approbation als Arzt. Promotion am Institut für
Biochemie in Freiburg/Breisgau (Prof. Heinrich). Thema: „The effect of ethidium
bromide on the estrogen receptor interaction with DNA and isolated nuclei and
its effect on nuclear transfer in the intact rat uterus“.

Klinische Berufserfahrung

1979-1981 Max Planck-Institut für Psychiatrie, München (Direktor
Prof. Dr. Albert Herz). Arbeiten über endogene Opioide und Klassifikation von
Opiatrezeptortypen
1981-1983 National Institute of Health, Bethesda, Maryland.
DFG-Stipendium. Thema: Rolle hypothalamischer Opiatrezeptoren bei der Regulation
Blutdrucks und neuroendokriner Systeme. Biochemische Untersuchung von
Opiatrezeptoren.
1983-1989 Medizinischen Klinik II, Klinikum Großhadern, München
(Prof. Dr. G. Paumgartner).
Assistenzarzt und Führung des wissenschaftlichen
Labors im Max Planck Institut, Martinsried.
Klinische Schwerpunkte:
Endokrinologie und Gastroenterologie. Wissenschaftliche Schwerpunkte:
Pathophysiologie von Second Messenger Systemen und Wachstumsfaktor-Systemen.
1989 Facharztprüfung in München für Innere Medizin.
1989 Habilitation und Venia legendi für das Fach Innere
Medizin der Ludwig Maximilians-Universität in München. Thema:“Nachweis und
neuroendokrine Funktion verschiedener Opiatrezeptor-Typen“.
10/1989 Oberarzt der Medizinischen Klinik und Poliklinik
(Dir.: Prof. Dr. H. Schatz), Klinikum Bergmannsheil, Ruhr-Universität Bochum.
Aufbau und Leitung des Labors für Endokrinologie/Stoffwechsel
1991 Teilgebietsbezeichnung „Endokrinologie“
1992 – 1997 Hermann- und Lilly-Schilling Professur, Stifterverband
für die Deutsche Wissenschaft, Essen
1992 – 2000 Beauftragter für Biologische Sicherheit und ab 1995
Projektleiter Sicherheitsklasse 2 für Arbeiten mit retroviralen amphotropen
Vektoren
1995 Ernennung zum apl Professor der Ruhr-Universität
Bochum
1998 Teilgebietsbezeichnung „Gastroenterologie“
Seit 10/2000 C4-Professur für Innere Medizin der Freien Universität
Berlin, Leiter der Abteilung Klinische Ernährung am Deutschen Institut für
Ernährungsforschung Potsdam und der Abteilung für Ernährungsmedizin,
Endokrinologie und Diabetes am Universitätsklinikum Benjamin Franklin

Mitgliedschaften:

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