Unterzuckerungen bei Diabetesmedikamenten

In Deutschland werden zur Blutzuckersenkung beim Typ-2-Diabetes i.d.R. die langwirksamen Sulfonylharnstoffe gegenüber kurzwirksamen Sulfonylharnstoffen bevorzugt. Die Ergebnisse einer Untersuchung aus Großbritannien zeigen, dass dies nicht gerechtfertigt ist.

Sulfonylharnstoffe stehen in dem Verdacht, dass sie mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskulär bedingtem Tod, sowie mit häufigeren, schweren Unterzuckerungen verbunden sind. In Deutschland werden überwiegend langwirksame Sulfonylharnstoffe wie Glimepirid oder Glibenclamid verwendet, die unter verschiedenen Namen im Handel sind. Bisher war nicht klar, ob diese besser oder schlechter sind als kurzwirksame Sulfonylharnstoffe wie Gliclazid, Glipizid oder Tolbutamid.

Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat nun eine große nationale Datenbank von in einer Praxis tätigen Ärzten aus Großbritannien ausgewertet. Dabei wurden mehr als 17.000 Patienten mit Typ-2-Diabetes erfasst, die zwischen 1998 und 2013 anfangs eine alleinige blutzuckersenkende Therapie mit einem Sulfonylharnstoff bekommen hatten. Mehr als 15.000 hatten kurzwirksame Sulfonylharnstoffe bekommen und knapp 2.000 langwirksame Sulfonylharnstoffe. Dabei zeigte sich keinerlei Unterschied bezüglich des langfristigen Risikos für einen akuten Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder Tod aufgrund einer Herz- oder Kreislauferkrankung. Jedoch hatten die Patienten, die langwirksame Sulfonylharnstoffe bekommen hatten ein fast 3-fach erhöhtes Risiko für schwere Unterzuckerungen, bei denen Bewusstlosigkeit eintrat oder zumindest Fremdhilfe zur Beseitigung der Unterzuckerung erforderlich war (1).

Expertenkommentar:

Diese Daten mit dem Direktvergleich verschiedener Sulfonylharnstoffe sind neu und sehr hilfreich für die ärztliche Praxis. Die meisten Patienten finden es nämlich komfortabler, wenn sie nur 1x täglich ein Medikament einnehmen müssen. Bei der Auswahl der blutzuckersenkenden Sulfonylharnstoffe sollten aber die Ärzte ihre Patienten darüber aufklären, dass dies mit einem erhöhten Risiko für schwere Unterzuckeruungen verbunden ist. Die meisten Patienten werden dann wahrscheinlich dazu bereit sein, 2x oder 3x täglich ein kurzwirksames Medikament wie Gliclazid, Glipizid oder Tolbutamid einzunehmen.